Weltweit leben circa 338 Millionen blinde und sehbehinderte Menschen. Häufig sind die Ursachen einer Erblindung oder Sehbehinderung vermeidbar oder behandelbar. In Deutschland geht die Zahl der blind geborenen Kinder daher zurück. Ein Großteil der blinden und sehbehinderten Menschen hier verlieren erst im Alter an Sehstärke. Trotzdem ist die Wichtigkeit der Brailleschrift nicht zu vernachlässigen. Sie war eine der ersten Möglichkeiten für blinde Menschen Schriftsprache zu lesen und sich schriftlich auszudrücken. Für blinde und sehbehinderte Menschen bedeutet das Selbstständigkeit und Inklusion in einer sehenden Welt. Sie ermöglicht dadurch Zugang zu Kultur und Bildungsleben.
Die Punktschrift bildet die verschiedenen Buchstaben unseres Alphabets, Zahlen und Satzzeichen ab. Es gibt darüber hinaus sogar spezielle Punktschriften, die mathematische und chemische Formeln und sogar Musiknoten abbilden.
Erfunden wurde die Sprache von dem Franzosen Louis Braille im Jahr 1825. Er selbst erblindete im Alter von 5 Jahren, nachdem er sich mit einem Werkzeug seines Vaters eine Verletzung am Auge zugezogen hatte. Nach drei Jahren in der Regelschule erhielt er durch ein Stipendium die Möglichkeit, das Pariser Blindeninstitut, die erste Blindenschule weltweit zu besuchen. Hier entwickelte er mit nur 16 Jahren die Brailleschrift. Er selbst erlebt das internationale Bekanntwerden der Sprache im Jahre 1878 als international verbindliche Blindenschrift allerdings nicht mehr. Er verstirbt im Jahr 1852 im Alter von 43 Jahren an Tuberkulose.
Die Brailleschrift besteht aus sechs hervorstehenden Punkten, die mit den Fingern gelesen werden. Die einzelnen Buchstaben, teilweise auch ganze Worte werden durch eine Kombination der sechs Punkte abgebildet. Genau wie die Schwarzschrift (das „normale“ Schriftsystem) wird Braille von links nach rechts gelesen. Auch Zahlen können abgebildet werden, indem man den Buchstaben a-j ein Zahlenzeichen voranstellt. Da es sich bei der Brailleschrift um einen Code handelt, ist sie auf verschiedenste Sprachen anwendbar. Mittlerweile gibt es mehr als 285 verschiedene Sprachen in Brailleschrift, auch nicht europäische Sprachen, wie Chinesisch oder Koreanisch, die in der Schriftsprache auf anderen Alphabeten basieren. Neben der klassischen Brailleschrift entwickelte Louis Braille ebenfalls basierend auf den sechs Punkten, die Braille-Notenschrift. Dadurch können auch komplexe Musikstücke in Blindenschrift dargestellt werden.
Heutzutage beherrschen nur circa 10% der blinden oder sehbehinderten Menschen in Deutschland Braille. Das liegt daran, dass viele Menschen erst mit dem Alter eine Sehschwäche entwickeln und Braille zu diesem Zeitpunkt nicht mehr lernen. Ein weiterer Grund ist außerdem, dass Vorlesefunktionen wesentlich unkomplizierter und zeitsparender sind, als eine neue Schriftsprache zu lernen. Trotzdem ist Braille für blind geborene Menschen ein sehr wichtiger Bestandteil des Alltags.
Es gibt daher mittlerweile auch eine Computerbrailleschrift. Die Eingabe der Zeichen erfolgt über eine Braille-Tastatur und gelesen wird über eine Braille-Zeile. Die Texte werden von einem Screenreader Programm gelesen und auf der Braille-Zeile als fühlbare Stifte dargestellt. Da die Tastatur eines Computers aus mehr als 64 Tasten besteht, wurden den sechs Punkten zwei Punkte hinzugefügt. Mit acht Punkten gibt es somit 256 Kombinationsmöglichkeiten um die unterschiedlichen Zeichen abzubilden.
Wenn ihr jetzt Lust bekommen habt, euch das Schriftsystem genauer anzuschauen, haben wir ein Rätsel für euch: Was bedeutet das folgende Wort?
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