Barrierefreiheit ist kein Zusatz, sondern Grundvoraussetzung für digitale Teilhabe. Ob mit Sehbeeinträchtigung, motorischer Einschränkung oder kognitiven Hürden – jede Person soll Informationen im Internet gleichermaßen erreichen können. Doch noch immer sind viele Websites nicht barrierefrei. Wir erklären, warum das so ist, was sich rechtlich dahinter verbirgt, und welche technischen Wege helfen können – von sauberem Code bis hin zu unterstützenden Tools.
Digitale Barrieren entstehen überall dort, wo Menschen mit Beeinträchtigungen eine Seite nicht oder nur eingeschränkt nutzen können. Barrieren sind nicht nur ein „technisches Problem“, sondern eine Frage der Zugänglichkeit, Verständlichkeit und Wertschätzung.
Barrierefreiheit ermöglicht Teilhabe – sie sorgt dafür, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt an digitalen Angeboten teilnehmen können. Aber auch ältere Menschen, Menschen mit temporären Einschränkungen (z. B. Arm in Gips), mobile Nutzer:innen oder Personen mit schwacher Internetverbindung profitieren. Kurz gesagt: Barrierefreiheit verbessert die Nutzerfreundlichkeit für alle.
In Deutschland regelt die BITV 2.0 (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung) die Anforderungen an barrierefreie Websites und mobile Anwendungen öffentlicher Stellen. Sie setzt die europäischen Richtlinien (EU-Richtlinie 2016/2102) um und orientiert sich an den internationalen WCAG 2.1-Standards (Web Content Accessibility Guidelines). Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist Barrierefreiheit ab 2025 zudem für viele private Anbieter verpflichtend, z. B. im Online-Handel oder bei digitalen Dienstleistungen. Dazu gehört auch die verpflichtende Barrierefreiheitserklärung, die den Stand der Barrierefreiheit transparent macht und eine Rückmeldung zu Barrieren ermöglicht. Mehr dazu weiter unten.
Die beste Barrierefreiheit entsteht bereits beim Programmieren und Gestalten. Das bedeutet:
Das klingt einfach – ist es aber oft nicht, denn Barrierefreiheit betrifft Design, Technik und Inhalt gleichzeitig. Sie erfordert Wissen, Zeit und häufig auch Tests mit echten Nutzer:innen und Screenreadern. Gerade bei bestehenden Websites oder Content-Management-Systemen (z. B. WordPress) stößt man schnell an Grenzen – manche Templates oder Plugins sind schlicht nicht barrierefrei entwickelt.
Weil perfekte Barrierefreiheit technisch und redaktionell anspruchsvoll ist, gibt es Werkzeuge, die bei der Umsetzung helfen. Sie lassen sich grob in drei Gruppen einteilen:
Diese Tools legen sich über eine Website und ermöglichen es Besucher:innen, die Darstellung individuell anzupassen – etwa Kontrast, Schriftgröße oder Vorlesefunktion. Diese Tools sind in der Regel schnell eingebunden, sichtbar und nutzungsferundlich. Auf der anderen Seite beheben sie keine strukturellen Barrieren im Code! Erkennbar sind sie meist als kleines Symbol am Bildschirmrand und sehen etwa so aus:

Diese Lösungen scannen den Quellcode einer Website und zeigen auf, wo Barrieren liegen – etwa fehlende Alternativtexte oder zu schwache Kontraste. Solche Tools sind hilfreich für Redakteur:innen und Entwickler:innen. Sie zeigen, wo Probleme liegen, aber nicht immer, wie sie sich lösen lassen.
Kombinieren beide Ansätze: Ein Assistenz-Widget für Nutzer:innen plus ein Audit- oder Monitoring-System im Hintergrund. Diese Systeme sind vor allem für öffentliche Einrichtungen oder Unternehmen interessant, die rechtliche Nachweise über Barrierefreiheit benötigen oder regelmäßige Prüfberichte führen müssen.
Viele moderne Barrierefreiheits-Tools bieten längst mehr als nur eine Funktion mit Kontrast- und Schriftgrößeneinstellungen. Sie können die Zugänglichkeit einer Website systematisch prüfen und dokumentieren – ein wichtiger Schritt, wenn man Barrierefreiheit langfristig verankern will. Diese Funktionen heißen meist Audit, Monitoring oder Reporting.
Die Website wird automatisch (und teilweise manuell) auf Barrieren geprüft – z. B. ob Alternativtexte fehlen, Überschriften falsch verschachtelt sind oder Kontraste nicht ausreichen. Gleichzeitig können solche per Voreinstellung automatisch (z.B. mithilfe von KI) verbessert werden. Einige Systeme erstellen daraus Bewertungsberichte nach WCAG oder BITV-Kriterien.

Die Website wird regelmäßig erneut geprüft, etwa monatlich oder bei jeder Änderung. So erkennt man neue Barrieren frühzeitig und kann sie gezielt beheben.

Ergebnisse der Prüfungen werden in einem Online-Dashboard oder Bericht zusammengefasst – mit Ampel- oder Prozentwerten, die Fortschritte sichtbar machen. Das hilft besonders Organisationen, die Nachweise für Förderprojekte oder gesetzliche Anforderungen brauchen.

Solche Werkzeuge helfen, Barrierefreiheit messbar und nachvollziehbar zu machen. Sie ersetzen aber nicht die manuelle Prüfung durch echte Nutzer:innen mit assistiver Technik – die bleibt unverzichtbar.
Ein wichtiger Bestandteil der digitalen Barrierefreiheit ist die Barrierefreiheitserklärung. Für öffentliche Stellen ist sie nach der BITV 2.0 verpflichtend, für andere Website-Betreiber:innen ein sinnvolles Instrument, um transparent mit dem Stand der Barrierefreiheit umzugehen. Einige Anbieter unterstützen bei der Erstellung, indem Ergebnisse aus Prüfungen nach WCAG- und BITV-Kriterien gebündelt zur Verfügung gestellt werden. Die Erklärung kann redaktionell angepasst und regelmäßig aktualisiert werden – die Verantwortung für Inhalt und Aktualität liegt jedoch immer bei den Betreiber:innen der Website.

Öffentliche Einrichtungen sind bereits seit mehreren Jahren verpflichtet, eine Barrierefreiheitserklärung zu veröffentlichen. Ab dem 28. Juni 2025 gilt diese Pflicht durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) auch für viele private Unternehmen, z. B. Online-Shops, Hotels, Kliniken oder Autohäuser – sofern sie mindestens 10 Mitarbeitende haben oder einen Jahresumsatz von über 2 Mio. Euro erzielen.
Bei Assistenz-Tools zur digitalen Barrierefreiheit ist die DSGVO-Konformität besonders wichtig, da diese Werkzeuge technisch tief in die Website eingebunden sind und die Nutzung beeinflussen. Je nach Ausgestaltung können dabei personenbezogene oder zumindest sensible Nutzungsinformationen verarbeitet werden – etwa zur Darstellung, Bedienung oder Sprache. Da die Nutzung solcher Tools zudem Rückschlüsse auf individuelle Unterstützungsbedarfe zulassen kann, ist ein sorgfältiger Umgang mit Daten unerlässlich. Barrierefreiheit darf nicht auf Kosten des Datenschutzes umgesetzt werden: Beide gehören zusammen und sind Voraussetzung für Vertrauen und digitale Teilhabe.
| Tool | Herkunft | Assistenz-Widget | Audit / Prüfung | Monitoring / Reporting | Rechtssichere Erklärung | DSGVO-konform | Kostenrahmen |
| Ally (WordPress) | Israel | ✅ | ❌ | ❌ | ❌ | ⚠️ teils Cloud-basiert | kostenlos |
| AccessGO | Deutschland | ✅ | ✅ | ✅ | ✅ | ✅ | ab 39 €/Monat |
| Eye-Able | Deutschland | ✅ | ✅ | ✅ | ⚠️ optional | ✅ | ca. 20–60 €/Monat |
| UserWay | USA | ✅ | ⚠️ (teilweise KI) | ⚠️ | ❌ | ❌ (US-Server) | Freemium |
| Siteimprove | Dänemark | ❌ | ✅ | ✅ | ✅ | ✅ | Enterprise |
| WAVE (WebAIM) | USA | ❌ | ✅ | ❌ | ❌ | ✅ | kostenlos |
Digitale Barrierefreiheits-Tools können eine Website unterstützen – aber sie ersetzen keine konsequent barrierefreie Gestaltung. Ihre Grenzen lassen sich in wenigen Punkten zusammenfassen:
Viele Barrieren entstehen im Code, im Design oder durch redaktionelle Entscheidungen. Tools können Hinweise geben oder die Darstellung anpassen, aber grundlegende Probleme müssen immer manuell behoben werden.
Audits erkennen nur messbare Kriterien wie Kontraste, fehlende Labels oder fehlerhafte HTML-Strukturen. Was sie nicht zuverlässig können:
Hier braucht es menschliche Einschätzung.
Assistenz-Widgets erleichtern einzelnen Nutzer:innen den Zugang, verändern aber nicht den Grundzustand der Website. Ein Code, der für Screenreader oder Tastaturnutzer:innen unzugänglich ist, bleibt es auch dann.
Tools zeigen neue Barrieren oder Probleme an, aber sie verhindern sie nicht. Bei jedem Update, neuen Inhalt oder Plugin kann erneut eine Hürde entstehen. Barrierefreiheit braucht also kontinuierliche Pflege. Kurz gesagt: Tools helfen — aber sie sind Unterstützung, kein Ersatz für saubere technische Umsetzung, klare Struktur und bewusste redaktionelle Arbeit: Overlays können ergänzen, aber sie ersetzen keine echte barrierefreie Gestaltung.
Auch wir haben auf unserer Website bereits vieles umgesetzt: Wir nutzen Tools, prüfen unsere neuen Inhalte und achten auf verständliche Sprache. Trotzdem ist Barrierefreiheit kein Zustand, sondern ein Prozess. Neue Inhalte, Layoutänderungen oder technische Updates können jederzeit neue Hürden schaffen.
Deshalb ist Barrierefreiheit kein einmaliges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Lern- und Verbesserungsweg - für Redaktionen, Entwickler:innen und Organisationen gleichmermaßen.
Barrierefreiheit entsteht aus Bewusstsein, sauberer technischer Umsetzung, unterstützenden Werkzeugen und stetiger Weiterentwicklung. Sie ist kein Zustand, sondern ein Prozess, der Aufmerksamkeit, Ressourcen und Lernbereitschaft erfordert. Die Inhalte dieses Blogs bieten eine Übersicht und erste Orientierung. Wer das Thema konsequent umsetzen möchte, kommt jedoch nicht drumherum sich eigenständig zu informieren und die Impulse im eigenen System zu integrieren.
Auch wir bleiben auf diesem Weg: Wir gestalten unsere Inhalte laufend barriereärmer, passen Strukturen an und überprüfen Texte, Bilder und Dokumente regelmäßig. Ab sofort nutzen wir dafür AccessGO, um technische Barrieren systematisch zu erkennen und unsere Fortschritte nachvollziehbar zu machen. Ein Werkzeug allein macht eine Website nicht barrierefrei – aber es kann helfen, den Weg dorthin klarer zu sehen und kontinuierlich besser zu werden.
Barrierefreiheit bedeutet: digitale Teilhabe ermöglichen – gemeinsam, Schritt für Schritt.
AccessGO hat uns nach unserem Austausch einen kostenfreien Zugang zur Verfügung gestellt, damit wir das Tool testen, in unseren Verbesserungsprozess einbinden und nutzen können. Wir bedanken uns für diese Möglichkeit. Unsere Einschätzung bleibt redaktionell frei und objektiv.
