Bio boomt. Der Anbau und Verkauf in den letzten Jahren hat stetig zugenommen und die Bundesregierung hat sich vorgenommen, den Anteil des ökologischen Anbaus an der gesamten deutschen Landwirtschaft von etwa 9% (2018) auf 20% bis 2030 zu verdoppeln. Der Marktanteil von Bio-Produkten soll sogar von 5% auf 34% steigen.
Viele sehen das als den richtigen Weg, aber es gibt auch kritische Stimmen. Vor allem der deutsche Bauernverband warnt davor, die Diskussion um Landwirtschaft und gesunde und klimafreundliche Lebensmittel nur auf die Frage „bio oder konventionell?“ zu reduzieren.
Bio ist nicht gleich bio. Die ökologische Landwirtschaft wird u.a. unterschieden in die biologisch-dynamische und die organisch-biologische Landwirtschaft. Wir sprechen im Folgenden der Einfachheit halber nur von „bio“ oder „ökologischer Landwirtschaft“.
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Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) bezeichnet den intensiven Einsatz von Pflanzenschutzmitteln als Ursache des Rückgangs der biologischen Artenvielfalt in Europa und Zentralasien. Diese Mittel wirken insektizid, herbizid oder fungizid, töten also unerwünschte Insekten, Pflanzen oder Pilze ab – außer denen, die gegen das Mittel immun gezüchtet wurden (und meist patentiert sind). Die ökologische Landwirtschaft verzichtet auf chemisch-synthethische Pflanzenschutzmittel und bemüht sich um natürlichen Pflanzenschutz.
Zusätzlich zum Pflanzenschutz müssen Pflanzen gedüngt werden. Das geschieht meistens mit phosphathaltigen Mitteln, Klärschlamm oder Gülle, deren Inhaltsstoffe sich – genau wie die Wirkstoffe aus Pflanzenschutzmitteln – im Boden und in Gewässern anreichern können. In der ökologischen Landwirtschaft wird daher auf natürliche Düngung ohne synthetische Mittel oder Klärschlamm gesetzt.
Damit sich die Tierhaltung bei den niedrigen Handelspreisen lohnt, müssen sie oft in großen Gruppen gehalten werden. Je weniger Platz die Tiere haben, desto mehr Stress erleiden sie und desto krankheitsanfälliger sind sie. In der ökologischen Landwirtschaft werden Tiere in kleineren Gruppen gehalten, haben mehr Platz und werden nicht mit chemisch-synthetischen Arzneimitteln oder Wachstums- und Leistungspräparaten (also Antibiotika) behandelt.
Ablagerungen aus Pflanzenschutzmitteln, Mineraldüngern, Antibiotika, Klärschlamm und Gülle gelangen über das Grundwasser und die Nahrung in den menschlichen Körper. Manche Mittel sind krebserregend, manche verursachen Resistenzen gegen Antibiotika. Zwar sind die meisten Rückstände laut Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung gesundheitlich unbedenklich; die zulässigen Grenzwerte wurden 2017 dennoch in 1,1% aller getesteten Lebensmittel aus deutscher Produktion überschritten.
Die gezielte Reduktion von Pflanzenschutz- und Düngemitteln ist nicht nur eine ökologische Überlegung, sondern auch eine wirtschaftliche: Pestizide, Mineraldünger und Medikamente sind teuer. Je weniger die Betriebe einsetzen müssen, desto weniger Kosten haben sie damit. Auch in Sachen Gesundheit lohnt sich ein Verzicht auf Chemie: Gerade auf größeren Plantagen kommen die ArbeiterInnen oft relativ ungeschützt in Kontakt mit den Giftstoffen.
Gleichzeitig können für ökologisch hergestellte Produkte bessere Preise erzielt werden – sofern die Kunden bereit sind, einen angemessenen Preis zu bezahlen!
Oft wird argumentiert, dass die ökologische Landwirtschaft zu geringe Erträge brächte, um die Menschheit mit Nahrung zu versorgen. Zeitgleich werden allein in Deutschland jedes Jahr circa 11 Millionen Tonnen an Lebensmitteln verschwendet: auf dem Acker (1,4 Mio. t), in der Weiterverarbeitung (2,2 Mio. t), im Handel (0,5 Mio. t), in Privathaushalten (6,1 Mio. t) und in der Außer-Haus-Verpflegung (z.B. in Kantinen und auf Veranstaltungen; 1,7 Mio. t). Die Frage ist also nicht, ob wir genug haben, sondern wie wir damit umgehen: Wer Verschwendung (also vermeidbare Abfälle!) reduzieren möchte, kauft weniger und dafür hochwertiger ein.
Die Versorgung der Bevölkerung mit ökologisch produzierten Lebensmitteln dürfte durch kluge Vermeidung von Verschwendung und geschickte Reduzierung tierischer Lebensmittel sicher gestellt sein. Geringere Erträge müssen allerdings mit höheren Preisen für die ErzeugerInnen wieder aufgewogen werden. Nur wenn angemessene Preise für die Lebensmittel bezahlt werden, können auch kleinbäuerliche Betriebe dauerhaft überleben.
Da in der ökologischen Landwirtschaft auf gentechnisch veränderte Pflanzen (die z.B. schneller wachsen) oder chemische Düngemittel verzichtet wird, wachsen die Pflanzen langsamer und bei der Ernte wird ein geringerer Ertrag eingefahren. Genauso benötigen auch Tiere, die länger leben, mehr Futtermittel. Beides führt also dazu, dass mehr Flächen für den Anbau von Lebensmitteln benötigt wird. Das Ausmaß des unterschiedlichen Flächenbedarfs hängt allerdings stark von der Pflanze ab, die angebaut wird – und davon, wie das Feld bewirtschaftet wird.
Viele handelsüblichen Pflanzen, die auf unseren Feldern wachsen, sind krankheitsanfällig. Vor allem in klassischen Monokulturen – also Weingärten und Obstplantagen, aber auch bei Weizen und Mais – finden sich oft ausgelaugte Böden und Pflanzen, die auf maximale Leistung gezüchtet wurden und sich kaum noch wirksam gegen Krankheiten und Fressfeinde schützen können. Im ökologischen Weinbau ist z.B. der Einsatz von Kupfer als Mittel gegen Krankheiten zugelassen, obwohl Kupfersulfat sich im Boden anreichert und nicht abgebaut werden kann.
Zwar sind die Mindestbedingungen für die Tierhaltung in der ökologischen Landwirtschaft höher als in der konventionellen, sie sind aber nicht automatisch artgerecht. Die Standards unterscheiden sich relativ stark, je nachdem, über welche Zertifizierung ein Betrieb verfügt. Insbesondere bei den Themen verfügbarer Platz pro Tier, betäubungslose Kastration oder Enthornungen gibt es massive Unterschiede.
Der ökologische Anbau mag viele Vorteile im Produktionsland bringen – die Ressourcen- und Emissionsersparnis wird aber dann zunichte gemacht, wenn wir Bio-Lebensmittel von anderen Kontinenten importieren. Sicher, manche Produkte lassen sich bei uns nicht anbauen, manche erst später im Jahr. Aber braucht es denn wirklich Erdbeeren im Winter oder südamerikanisches Rindfleisch? Allein der Transport dieser außersaisonaler und nicht-regionaler Waren verursacht massive Emissionen – selbst, wenn ein Bio-Label darauf prangt.
Ökologische Landwirtschaft ist nicht gleich ökologische Landwirtschaft. Unterschiedliche Anbauverbände vergeben unterschiedliche Siegel, je nachdem, ob der landwirtschaftliche Betrieb deren Mindeststandards erfüllt – und bereit ist, den Preis für die Zertifizierung zu bezahlen. Die Staaten haben auch ihre eigenen staatlichen Siegel. Zusätzlich hat auch der Einzelhandel eigene Bio-Label eingeführt, sodass es für die Kunden mittlerweile recht unübersichtlich geworden ist. Gängige Siegel in Deutschland sind Naturland, Bioland, demeter, Ecovin, sowie das europäische und das deutsche Biosiegel.
Allerdings treffen die Siegel vor allem Aussagen über ökologische Standards und Produktionsbedingungen, kaum aber über soziale Bedingungen in der Herstellung.
Kauf bei deinem Bauern nebenan – oder frag bei deinem Händler nach, welche Produkte aus der Region kommen, auch wenn es noch nicht genügend Bioprodukte gibt. Wenn die Nachfrage nach regionalen Bio-Produkten steigt, ermutigt das die Bauernhöfe in der Gegend, auf bio umzustellen. Wenn du es stattdessen aus Übersee kaufst, erhöht das nur den Druck auf die regionale Landwirtschaft. Und schlecht fürs Klima ist es auch.
Tierische Produkte benötigen deutlich mehr Ressourcen als pflanzliche. Damit die Tiere artgerecht gehalten werden können, braucht es einen entsprechenden Preis fürs Fleisch (oder andere tierische Produkte). Biete deinen Gästen daher leckere Alternativen zu tierischen Produkten an, natürlich aus der Region! Deine Gäste werden begeistert sein, was für eine Vielfalt auf ihren Teller kommt, du senkst deine Kosten – und tust etwas fürs Klima.
Denk daran, dass Standards nur Mindestvorgaben machen. Greif daher, wenn möglich, auf strengere Standards als das EU-Ökosiegel zurück – wie z.B. demeter oder Naturland.
Beachte, dass es bei Öko-Siegeln nur um ökologische Kriterien geht, nicht aber um soziale Bedingungen in der Produktion – vor allem, wenn du importierte Produkte (wie z.B. Kaffee oder Tee) kaufst. Da können dir Fair-Handels-Siegel weiterhelfen.
Deine Gäste sind eher bereit, ein bisschen mehr zu bezahlen, wenn sie die Geschichte hinter dem Produkt kennen. Eine leckere Bio-Bratwurst aus der Region ist eben attraktiver als „irgendeine Bratwurst“, die im Einkauf billiger ist.
Du weißt nicht, woher das Catering auf deinen Veranstaltungen kommt? Lern die Produzenten kennen! Vor Ort kannst du dir ein besseres Bild davon machen, ob die Qualität der Waren deinen Vorstellungen entspricht. Und du kannst direkt erfahren, was die Produzenten brauchen, um dir noch bessere Waren anbieten zu können. Denn Produzenten sind nicht nur Lieferanten, sondern auch potentielle Partner. Wenn du sie zuverlässig unterstützt, können sie die Investitionen tätigen, die du für dein perfektes Bio-Catering aus der Region brauchst.
Jenseits von Bio-Zertifizierungen gibt es noch weitere Ansätze, eine nachhaltige Landwirtschaft zu betreiben. Gemeinsam haben alle drei Ansätze, dass sie versuchen, altes Wissen zu bewahren und anzuwenden, um mit traditionellen Methoden einen stabilen, sicheren Ertrag zu erzielen.
Die integrierte Landwirtschaft versucht dabei, die traditionellen Methoden mit moderner Technik zu vereinen (z.B. korrekte Fruchtfolgen statt Monokulturen), während es bei Agrarökologie und Permakultur stärker um die Wechselwirkungen innerhalb des Ökosystems Landwirtschaft geht – also z.B. die Frage, welche Pflanzen sich gegenseitig unterstützen und wie man Tierhaltung und Pflanzenanbau mit möglichst wenig zusätzlichem Futter oder Düngung kombinieren kann.
Auch die Rekultivierung von alten und regional angepassten Tieren und Pflanzen spielt dabei eine wichtige Rolle.