Über den Play-Button könnt ihr euch den Text auch vorlesen lassen!

Vielleicht ist euch unser neuestes Tool auf der FairWeg-Homepage bereits aufgefallen: Wir haben seit neustem eine Assistenzsoftware, die unsere Seite zugänglicher und inklusiver machen soll. Denn das Internet steckt voller Barrieren: Zu kleine Schrift oder geringe Kontraste können zur Barriere werden, unter anderem für Menschen mit einer Sehbehinderung oder mit Schwierigkeiten beim Lesen.

Denn: 7,9% der Menschen in Deutschland haben eine anerkannte Schwerbehinderung und gerade für diese Gruppe ist es unabdingbar, dass das Internet zugänglich für alle ist. Aber auch mindestens weitere 30% profitieren von Assistenzsoftware, weil sie zum Beispiel Deutsch nicht als Muttersprache haben. Bereits wenige Tipps und Kriterien können dabei helfen, Webseiten barriereärmer zu gestalten.

So sieht die Einblendung der individualisierbaren EyeAble-Taskbar auf www.trier.de aus

Was macht eine Website barrierefrei(-er)?

Hier gibt es die unterschiedlichsten Bedarfe von den unterschiedlichsten Menschen. Für eine breitere Zugänglichkeit sind vergrößerbare Schrift und klare Kontraste wichtig. So können Menschen mit einer Seheinschränkung Kontraste und Größe so einstellen, dass sie es lesen, beziehungsweise erkennen können. Hier bei uns auf fairweg.info könnt ihr jetzt an der Seite unterschiedliche Schriftgrößen und Kontraste einstellen.

Für blinde Menschen wiederum ist es wichtig, dass die Webseite Screenreader-kompatibel ist. Das bedeutet, dass zum Beispiel Bilder, Formulare oder Buttons mit Text hinterlegt sind und so vorlesbar gemacht werden. Wenn Bilder mit Texten hinterlegt sind, sind sie für alle zugänglicher und können durch Screenreader vorgelesen werden.

Bei Audio- und insbesondere Video-Inhalten sollte auf die Aktivierung von Untertiteln oder das Bereitstellen einer Transkription geachtet werden, damit diese zugänglich für gehörlose oder schwerhörige Menschen sind.

Leichte oder Einfache Sprache, insbesondere auf wichtigen Webseiten mit wichtigen Informationen, macht Inhalte für Menschen mit geringer Lesekompetenz oder auch für Nicht-Muttersprachler:innen zugänglicher. Auch Vorlesefunktionen können von Vorteil sein.

Die Webseite sollte möglichst einfach strukturiert sein. Zum Beispiel sollte durch unterschiedliche Markierung gut erkennbar sein, was eine Überschrift ist und was ein Unterpunkt. Auch Fließtext sollte visuell unterscheidbar sein.

Assistenzsoftware in der Praxis

Bei uns auf FairWeg könnt ihr deshalb jetzt die Schriftgröße oder verschiedene Kontraste einstellen und an eure Bedarfe anpassen. Und nicht nur das: Bei (fast) all unseren Artikeln findet ihr oben über dem Fließtext eine Vorlesefunktion, so wie auch hier. So könnt ihr euch die Artikel von unseren Teammitgliedern vorlesen lassen.

Gerade für öffentliche Seiten gilt durch die EU-Richtline 2102 seit September 2020 die Verpflichtung zur Barrierefreiheit auf Webseiten und einer schriftlichen Erklärung der Barrierefreiheit. Und deshalb ist es umso wichtiger, dass auch die Stadt Trier eine Assistenzsoftware auf ihrer Seite installiert hat. Das System funktioniert ganz ähnlich, wie auch hier bei uns auf FairWeg: Die Schrift kann vergrößert oder verkleinert werden und unterschiedliche Kontraste können eingestellt werden. Und auch ein Tool zum Vorlesen der Webseite ist mit dabei. Das Tool richtet sich so vor allem an Menschen mit Sehbeeinträchtigung oder -behinderung, aber auch Menschen mit Leseschwäche können davon profitieren.

Die Assistenzsoftware auf der Stadt Trier (Eye-Able) Seite ist eine kostenpflichtige Software und hat dementsprechend mehr Funktionen, als unsere hier auf FairWeg, die als WordPress-Plugin kostenlos ist: Bilder können ein oder ausgeblendet werden und das Farbprofil der Webseite auf unterschiedliche Farbschwächen angepasst werden. So wird die Webseite zum Beispiel für Menschen mit einer Rot-Grün-Schwäche zugänglicher.

Ansätze der Leichten Sprache sollen in Zukunft eingearbeitet werden, wodurch sie noch inklusiver wird. Denn insbesondere die Stadt muss für alle zugänglich sein, sowohl vor Ort als auch im Digitalen.

Barrierenabbau im Internet ist wichtig und bereits mit ein, zwei Kniffen kann die eigene Webseite direkt barriereärmer werden. Wir bei FairWeg sind immer weiter dabei unsere Webseite barriereärmer zu machen. Also falls euch etwas auffällt, was wir verbessern können, schreibt uns gerne eine Mail an info@fairweg.info!

Welche Software wird verwendet?

Hier auf FairWeg verwenden wir das WordPress-Plugin All in One Accessibility vom US-amerikanischen Entwickler Skynet Technologies USA LLC in der kostenlosen Basis-Version. Diese kostenlose Version ist im Funktionsumfang leicht eingeschränkt gegenüber der Pro-Version und eignet sich für Websites mit <5.000 Aufrufen im Monat. Die Pro-Version kostet, gestaffelt nach Größe der anzuwendenden Website, zwischen ca. 233 Euro und 933 Euro im Jahr. Während das Tool deutsche Websites unterstützt, gibt es die Beschreibungstexte dazu bislang nur auf Englisch.

Die Website der Stadt Trier nutzt das Tool Eye-Able®, das in Deutschland entwickelt und gehostet wird. Bei der Bezahlsoftware gibt es einen deutlich größeren Funktionsumfang, eigene Zugänglichkeits-Profile können abgespeichert und so wiederverwendet werden. Ein tolles Tool, das individuell auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten werden kann.

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Es geht mal wieder um Toiletten. Wenn du eine Veranstaltung organisierst, brauchst du Toiletten, klar. Bestenfalls barrierefrei, da wird es dann schon etwas schwieriger. Die Stadt Trier hat auf ihrer Webseite eine Liste öffentlicher barrierefreier Toiletten in Trier veröffentlicht, was bei Freiluftveranstaltungen in der Innenstadt schon Mal sehr hilfreich ist. Diese öffentlichen Toiletten sind allerdings nicht immer in der Nähe und trotzdem müssen alle Menschen unabhängig von einer Behinderung auf die Toilette gehen können, wenn sie eine Veranstaltung besuchen. Toiletten sind ein Exklusionsfaktor und müssen daher bei der Planung eines Events mitbedacht werden.

Eine Möglichkeit für Veranstaltende ist es mobile, barrierefreie Toilettenwagen für die Veranstaltung zu organisieren. Weil die Suche nach Anbietern oft mühselig ist haben wir für euch drei Anbieter herausgesucht, bei denen ihr barrierefreie Toilettenwägen oder -kabinen für euer Event bekommt:

Sanitärlogistik Husar

www.sanitaerlogistik-husar.de

Telefon: 0152-55347032

E-Mail: info@sanitaerlogistik-husar.de

WC-Express

www.wc-express.com

Telefon: 0800 / 723 92 77

E-Mail: info@wc-express.de

TOITOI & DIXI

nur eine barrierefreie Kabine

www.toitoidixi.de

Service Hotline: +49 721 464726 52

TIPP: Es lohnt sich, sich früh um die barrierefreien Toiletten zu kümmern, da das Angebot noch nicht so gut ausgebaut ist, die Nachfrage den Anbietern zufolge allerdings stetig steigt. In Zukunft wird es dann hoffentlich ein größeres Angebot geben und somit leichter mobile, barrierefreie Toiletten auszuleihen.

Barrierefreie Toiletten in der Stadt Trier findet ihr hier.

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Tag 5 unserer Themenwoche "Wo geht's hier weiter?"! Unter uns gesagt - ohne Google Maps oder andere Navi-Anwendungen auf unseren Smartphones wären wir doch manchmal ganz schön aufgeschmissen. Aber selbst wenn wir das Café, das Schwimmbad oder den coolen Second Hand-Laden finden, den wir gesucht haben, ist erst mal gar nicht klar, wie es dort um die Barrierefreiheit steht. Gibt es dort Treppen? Wie ist die Steigung rund um die Straße? Wie sieht das altbekannte Toiletten-Thema aus? Wie gut, dass die Wheelmap hier Abhilfe schaffen kann. Wie, kennt ihr noch nicht? Dann hier eine kleine Vorstellung von diesem fantastisch praktischen Community Tool!

Logo von Wheelmap.org. Bildnachweis: Andi Weiland I Wheelmap.org

Worum geht's?

Die Wheelmap ist eine Karte für rollstuhlgerechte Orte. Unter www.wheelmap.org kann jeder ganz leicht Orte finden, eintragen und über ein Ampelsystem bewerten – weltweit. Die seit 2010 verfügbare Karte soll Rollstuhlfahrerinnen und Menschen mit anderen Mobilitätseinschränkungen helfen, ihren Tag planbarer zu gestalten. Aktuell sind über 3,2 Millionen Cafés, Bibliotheken, Schwimmbäder und viele weitere öffentlich zugängliche Orte auf der Wheelmap zu finden. Täglich kommen über 300 neue Einträge hinzu. Die Wheelmap ist auch als kostenlose App für iPhone und Android verfügbar. So kann die Karte unterwegs bequem über das Smartphone genutzt werden.

Wheelmap.org ist ein Projekt der SOZIALHELD*INNEN, eine Gruppe von engagierten Menschen, die seit 2004 gemeinsam kreative Projekte entwickeln, um auf soziale Probleme aufmerksam zu machen und sie im besten Fall zu beseitigen. Auf Basis der Wheelmap entwickelten sie auch andere Projekte wie zum Beispiel Accesibility.Cloud (eine gemeinschaftsbasierte Datensammelung zu Barrieren im öffentlichen Raum) oder BrokenLifts.org, eine Plattform, auf der Echtzeitdaten zu Aufzügen an Bahnhöfen in Berlin abrufbar sind. Mehr Informationen dazu findet ihr unter www.sozialhelden.de.

Zahlen und Fakten zur Wheelmap

Wie funktioniert die Wheelmap?

Die Karte www.wheelmap.org basiert auf OpenStreetMap, einer freien, editierbaren Karte der gesamten Welt - also genau wie die Karte von morgen auf FairWeg. Alle können dort nach Orten suchen und – sofern sie markiert wurden – die Auskunft darüber abrufen, wie gut zugänglich Orte sind. Wer sich dort als Nutzer*in registriert, kann zudem neue Orte anlegen und bewerten. Die OpenStreetMap hat eine riesige Datenbank und mehrere Millionen Nutzer*innen jährlich. Orte, die in der OpenstreetMap eingetragen sind, werden auch auf Wheelmap angezeigt.

Ein einfaches Ampelsystem kennzeichnet die Rollstuhlgerechtigkeit eines Ortes: Grün steht für einen uneingeschränkten Zugang – etwa weil keine Stufen vorhanden sind oder weil eine Rampe, ein Aufzug oder andere Hilfsmittel den Eintritt ermöglichen. Orange markierte Orte haben max. eine Stufe (nicht höher als 7 cm) und die wichtigsten Räume (oder Angebote) sind stufenlos erreichbar. Orte, die rot angezeigt werden, können von Rollstuhlfahrer*innen nicht betreten werden. Das Schöne dabei: Es ist keine Registrierung nötig. Alle können direkt Informationen abrufen oder beitragen.

Generell gilt: Je mehr Menschen bei der Wheelmap mitmachen und Orte eintragen, desto genauer und aussagekräftiger wird die Karte.  Dabei spielen Fotos eine wichtige Rolle. Nutzer*innen können für jeden Ort Bilder hochladen. Somit können sich Rollstuhlfahrer*innen ein genaueres Bild vom Eingang oder z.B. der Toilette machen. Wheelmap ist also von Beginn an ein Crowdsourcing basiertes Projekt, welches Wissen von möglichst vielen Nutzer*innen sammeln und anzeigen möchte.

Nicht nur Rollstuhlfahrende profitieren von barrierefreien Zugängen - das wissen alle, die schon mal mit einem Kinderwagen oder einem Bollerwagen unterwegs waren! Bildnachweis: Andi Weiland I Wheelmap.org

Wir finden: Die Wheelmap ist eine richtig gute und vor allem beeindruckend umfassende Leistung - und sie zeigt sehr gut, was Digitalisierung wirklich leisten kann und wie sie unser Leben besser machen kann. Schaut doch mal rein, was die Wheelmap in Trier schon so alles auf der Karte hat und engagiert euch, damit auch hier bei uns immer mehr Orte dort erscheinen und aktuell bleiben. Mitmachen lohnt sich auf jeden Fall - jeden Tag, für uns alle, egal wie wir im Alltag unterwegs sind!

Quelle: https://news.wheelmap.org/wheelmap-presse-information/ (Stand: August 2022)

Hier gibt es den Beitrag wie immer auch zum anhören. Viel Spaß dabei!

In unserer Umfrage zu Barrieren auf Veranstaltungen, wurde häufig die Anfahrt mit dem ÖPNV bemängelt: zu volle Busse und nicht oder nur teilweise barrierefreie Bushaltestellen erschweren die Anfahrt zu Veranstaltungen. Daher haben wir uns die Situation in Trier einmal genauer angeschaut. Wo genau steht der ÖPNV in Trier gerade und was sind die Pläne für die Zukunft?

Seit Januar 2022 ist die „vollständige Barrierefreiheit“, nicht mehr nur die „möglichst weitreichende Barrierefreiheit“ im Personenbeförderungsgesetz festgeschrieben und somit sicherzustellen. Auch Trier hat sich daher im Jahr 2021 dem Thema barrierefreier ÖPNV gewidmet. In der Teilfortschreibung des Nahverkehrsplans wurden der aktuelle Stand des Angebots und geplante Veränderungen für die Zukunft des ÖPNV in Trier zusammengefasst. Das war allerdings auch zwingend notwendig, denn nur durch eine genaue Benennung und Begründung von Ausnahmen, war es möglich die Frist für die „vollständige Barrierefreiheit“ ab 2022 zu umgehen.

Was sind denn überhaupt die Anforderungen?

Ziel der vollständigen Barrierefreiheit ist es, die „eigenständige, selbstbestimmte, unabhängige und sichere Nutzung des straßengebundenen ÖPNV“ zu gewährleisten. Haltestellen und Fahrzeuge müssen so ausgestattet sein, dass eine Orientierung bei eingeschränkter Sinneswahrnehmung möglich ist und Informationen über zwei Sinne („Zwei-Sinne-Prinzip“) erfassbar sind. Für die Haltestellen bedeutet das beispielsweise, dass der Spalt zwischen Haltestelle und Fahrzeug möglichst gering gehalten wird (max. 5 cm). Dies betrifft auch den Stadtraum allgemein, auch der Weg zur Haltestelle muss durchgängig und ohne Lücken barrierefrei sein, damit Haltestellen problemlos zugänglich sind.

Für die Haltestellen in Trier, bedeutet das:

  • eine ausreichende Breite der Wartefläche (mindestens 3 m)
  • die Anhebung der Bordsteinhöhe auf 18 cm
  • die stufenfreie Zugänglichkeit des Nahbereichs der Haltestelle
  • der Einbau taktiler Leitlinien zur Orientierung blinder und sehbehinderter Personen
  • eine angemessene Beleuchtung
  • und die Abrufung der Fahrgastinformationen über eine App für mobile Endgeräte

in Zukunft gewährleistet werden muss. Anforderungen an Fahrzeuge des Stadtbusverkehrs sind Folgende:

  • Einsatz von Niederflurbussen mit Kneeling-Technik, also absenkbaren Bussen
  • Klapprampen an den Türen
  • Sondernutzungsflächen auf der Höhe der Bustüren, für Rollstühle oder Kinderwägen
  • optischer Kontrast der Einstiegsbereiche und Griffstangen und zusätzliche spezielle Riffelung der Griffstangen im Eingangsbereich
  • Einheitliche Ausstattungselemente

Auch die Fahrgastinformationen sowohl in den Fahrzeugen als auch an den Haltestellen müssen bestimmten Anforderungen entsprechen. In den Fahrzeugen ist das „Zwei-Sinne-Prinzip“ (akustisch und visuell) flächendeckend zu gewährleisten. An den Haltestellen ist allerdings nur ein klassisches Format in Form eines Busfahrplans, welches bei Bedarf digital umgesetzt wird, erforderlich. Zudem muss das Personal regelmäßig zum Umgang mit mobilitätseingeschränkten Gästen sensibilisiert und geschult werden.

Wofür fehlen bisher Lösungen?

So viel zum Nahverkehrsplan der Stadt Trier. Es ist demnach einiges in Bewegung und Planung. Bauliche Veränderungen und Neubauten von Haltestellen für die reibungslose Nutzung der Busse sind geplant. Allerdings scheint das Thema räumliche Barrieren vor allem in den Fokus gerückt, während Lösungsvorschläge bezüglich der Barrieren für Menschen mit Sehbehinderung oder Leseschwäche noch nicht feststehen oder umsetzbar sind. In den Bussen sollte die akustische sowie visuelle Darstellung der Fahrgastinformationen eigentlich schon Standard sein. Das ist allerdings noch nicht der Fall. Busfahrpläne stellen für Menschen mit Leseschwäche und Sehbehinderung gleichermaßen ein Problem dar. Das inklusive Medienteam Tacheles in Trier hat darüber berichtet und den Verbesserungsbedarf bei dem SWT angesprochen (Den Artikel von Tacheles findet ihr hier). Auch Lösungsvorschläge wurden eingebracht: Das Arbeiten mit Bildern und Leichter Sprache bei Busfahrplänen würde das Nutzen des ÖPNV für Menschen mit Leseschwäche wesentlich erleichtern. Da diese Lösung allerdings nicht beide Nutzergruppen miteinbezieht, ist die Lösung für die SWT nicht ausreichend. Eine App wird bevorzugt, diese soll Fahrgastinformationen akustisch wiedergeben können, sowohl an den Haltestellen als auch für einfahrende Busse. Eine App stellt für viele Nichtleser:innen wiederum ein Problem dar: Viele haben gar kein Smartphone und wenn sie eins haben, gibt es Schwierigkeiten mit der Verwendung von Apps. Ist eine Lösung für beide Nutzergruppen überhaupt umsetzbar? Der Einschätzung potentieller Nutzer:innen bei Tacheles nach, ist die App definitiv keine perfekte Lösung. Diesbezüglich ist also noch Arbeit angesagt.

Wir sind gespannt und hoffen, dass gemeinsam mit der SWT eine Lösung gefunden wird, damit sich der ÖPNV in Trier weiterentwickelt.

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Wir alle kennen das Problem: Einkaufsbummel in der Stadt, ein paar Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt – und menschliche Bedürfnisse, die keinen Aufschub vertragen. Öffentliche Toiletten zu finden ist oft gar nicht mal so leicht. Noch schwieriger wird es aber, wenn man eine Behinderung hat und beispielsweise in Sachen Mobilität eingeschränkt ist.

Wer auf Rollstuhl oder Rollator angewiesen ist, muss zwangsläufig vorausplanen und die Toilettensituation checken. Vielleicht ist euch dabei schon mal aufgefallen, dass barrierefreie Toiletten oft abgeschlossen und nur mit einem Schlüssel zu öffnen sind. In vielen Fällen sind das sogenannte Eurozylinderschlösser, die mit einem speziellen Euroschlüssel geöffnet werden können. Noch nie gehört? Dann hier ein kleiner Wissens-Kick in Sachen Toilettenpause.

Worum geht’s?

Das Euroschlüssel-System bietet seit 1986 ein einheitliches Schließsystem für barrierefreie Anlagen, das mittlerweile flächendeckend in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu finden ist. Alle, die einen solchen Euroschlüssel besitzen, können diese Anlagen nutzen – meist handelt es sich um Toiletten, teils aber auch um Aufzüge oder barrierefreie Gebäudezugänge. Laut dem Darmstädter Verein Club Behinderter und ihrer Freunde e.V. (kurz CBF Darmstadt) sind es mittlerweile über 12.000 Schlösser europaweit, die mit dem Schlüssel geöffnet werden können.

Angefangen hat das Ganze in den 1980er-Jahren, als die Situation in puncto Behindertentoiletten noch deutlich prekärer war. Wenn es öffentliche barrierefrei zugängliche Toiletten gab, wurden diese oft Opfer von Vandalismus und Verschmutzung oder mussten erst umständlich von jemanden aufgesperrt werden – Selbstbestimmung und Diskretion sehen anders aus. Vertreter:innen des Vereins machten sich damals für eine selbstbestimmte und flächendeckende Lösung stark; die Idee für einen Generalschlüssel, der nur in die richtigen Hände abgegeben wird, war geboren. Kurz darauf führte eine große Betreiberfirma von Autobahnraststätten in Deutschland das System flächendeckend ein.

Wer bekommt so einen Schlüssel?

Der Euroschlüssel (im Englischen übrigens eurokey genannt) wird bewusst nur an Menschen ausgegeben, die auf behindertengerechte Toiletten oder Anlagen angewiesen sind. Dazu zählen alle Personen, die in ihrem deutschen Schwerbehindertenausweis eines der Merkzeichen aG (außergewöhnliche Gehbehinderung), B (Begleitperson), H (Hilflosigkeit), BL (blind) oder G (erheblich beeinträchtigt in der Bewegungsfähigkeit) in Kombination mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 aufweisen. Außerdem unmittelbar bezugsberechtigt sind Menschen mit einer schweren Mobilitätseinschränkung (etwa Rollstuhlfahrende), einem erhöhtem Hilfebedarf, Erblindung oder Multipler Sklerose. Außerdem können Personen mit einer chronischen Blasen- oder Darmerkrankung, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa den Schlüssel beantragen.

Der Schlüssel wird auch heute noch vom CBF Darmstadt ausgestellt. Dafür sendet man eine formlose, schriftliche Bestellung mit einem Nachweis der Bezugsberechtigung (etwa eine Kopie des Schwerbehindertenausweises) an den Verein und bezahlt eine geringe Schutzgebühr.

Und was ist mit Veranstaltenden?

Unser Blick in FairWeg geht natürlich immer auf inklusive Events und die Frage, wie Veranstaltende ihre Feiern oder Feste für mehr Menschen zugänglich und genießbar machen können. Da ist eine Umrüstung der eigenen, vielleicht ja schon bestehenden barrierefrei zugänglichen Toilette doch eine super Idee! Auskunft und Vertrieb von geeigneten Schließzylindern läuft über Der Euroschlüssel e.K. im nordrhein-westfälischen Bornheim. Die Firma berät und plant die geeignete Schließanlage, der Einbau kann dann durch einen Schlossereibetrieb vor Ort durchgeführt werden.

Übrigens: Die Trier Tourismus und Marketing GmbH (ttm), mit der wir 2021 gemeinsam den Leitfaden für nachhaltige Veranstaltungen herausgebracht haben, bietet auf ihrer Website eine Übersicht über behindertengerechte, öffentliche Toiletten in Trier: https://www.trier-info.de/toiletten-in-trier/oeffentliche-toiletten-behindertengerecht

Wir finden: Das Euroschlüssel-System ist ein guter und hilfreicher Ansatz für eine bessere Infrastruktur in Sachen barrierefreie Toiletten. Denn: Alle sollen auf Events in Trier eine gute Zeit haben können – auch beim Gedanken daran, wie sie den feinen Moselwein am Abend wieder loswerden!

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Sind wir doch mal ehrlich: Jede:r von uns hat schon mal ein Wort oder einen Satz rausgehauen, der uns im Nachhinein unangenehm war. Ob im Streit, im Überschwang eines angetrunkenen Stadionbesuchs oder wenn man sich den Zeh an der Bettkante stößt - wenn wir nicht die Kontrolle über unseren Sprechapparat zu haben scheinen, rutschen uns unschöne Worte heraus. Aber: Warum sind Begriffe wie "behindert", "Spasti" oder "Mongo" überhaupt Teil des Repertoires an Beleidigungen bei vielen Menschen? Und was können wir gemeinsam dagegen tun?

Aus Berührungsangst wird schnell Beleidigung

Dazu müssen wir zunächst einen Schritt zurück gehen und uns anschauen, warum solche Begriffe überhaupt als Beleidigung verwendet werden können. Viele Menschen haben in ihrem Alltag wenige Berührpunkte mit Behinderung, beziehungsweise mit Menschen mit Behinderung. Krankheiten und Sinneseinschränkungen werden so zu einer Art unheimlichen Etwas, mit dem sie möglichst wenig zu tun haben möchten. Das Resultat ist der Drang zu sprachlicher Abgrenzung, in vielen Fällen dann in Form einer Beleidigung. Wer einen anderen Menschen, unabhängig davon ob diese Person wirklich eine Behinderung hat oder nicht, als behindert bezeichnet und dies mit einer abwertenden Haltung tut, spricht dem Gegenüber in letzter Konsequenz das Recht ab, auf Augenhöhe zu kommunizieren. Nach dem gleichen Wirkprinzip wie bei rassistischen und sexistischen Äußerungen wird auch bei ableistischen Aussagen immer ein Stück weit das Menschsein des Angesprochenen infrage gestellt. Der Mensch mit Behinderung wird so zum Behinderten; und in einer kleinen Äußerung wird ein gigantisch großes gesellschaftliches Problem deutlich.

Ableismus

Der Begriff Ableismus im Deutschen leitet sich vom englischen Ableism ab. Wortursprung ist das Verb „to be able“, übersetzt „zu etwas fähig sein“. Der ursprünglich durch eine Bewegung von Menschen mit Behinderung in den USA, dem Disability Rights Movement, entstandene Begriff bezeichnet ein Verhalten, das Menschen auf ihre körperliche oder psychische Behinderung reduziert. Wer ableistisch handelt, schließt beispielsweise von der eingeschränkten Mobilität eines Menschen auf seine geistige Zurechnungsfähigkeit und wertet ihn auf diese Weise ab. Ableismus kann vieles sein, von alltäglichen Erscheinungen wie Beleidigungen, bis hin zu systematischer Ausgrenzung oder körperlicher Gewalt.

Ein Rollstuhl braucht keine Hilfe

Durch Verallgemeinerung entsteht der Eindruck, Menschen mit Behinderung ließen sich als Gruppe zusammenfassen und ihre Eigenschaften, Bedarfe und Positionen innerhalb der Gesellschaft gleichsetzen. Das Prinzip „Kennst du einen, kennst du alle“ kann dabei enormen Schaden anrichten, und das nicht nur kommunikativ. Formulierungen wie „Mensch mit Behinderung“ oder „Mensch mit eingeschränkter Mobilität“ stellen den Menschen und sein Recht und seinen Anspruch auf vielfältige und individuelle Lebens- und Persönlichkeitsentfaltung in den Vordergrund. Aus diesem Grund haben wir uns in FairWeg, genau wie etwa die Aktion Mensch oder die Online-Plattform leidmedien.de dazu entschlossen, nur Begriffe dieser Art zu verwenden. Noch schlimmer zeigen sich in diesem Zusammenhang Formulierungen, die einem im deutschen Alltag ganz selbstverständlich um die Ohren gehauen werden: Eine Bekannte, die etwa beim Zugfahren auf einen Rollstuhl angewiesen ist, erzählte mir vor einiger Zeit, dass bei der Deutschen Bahn intern des Öfteren die Aussage getroffen wird „Hinten am Gleis braucht ein Rollstuhl Hilfe“ – wenn nicht vom Rollstuhl aus Metall und Plastik, sondern vom Menschen aus Fleisch und Blut die Rede ist. Solche Aussagen sind herabwürdigend und beleidigend, egal wie man es dreht und wendet.

Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!

Als Rollstuhlfahrerin oder Rollstuhlfahrer ist der Besuch eines Festivals schon lange keine Seltenheit mehr. Traditionelle Festivals wie das Haldern Pop, Wacken oder Szegit-Festival stellen sich immer mehr darauf ein. Bei Wheelmap.org gibt es zudem einen kleinen Leitfaden "Mit dem Rollstuhl aufs Festival" : http://wheelmap.org/mit-dem-rollstuhl-aufs-festival-adinas-erfahrungen-tipps/ - Mehrere Rollstuhlfahrer beim Sziget-Festival (Budapest/Ungarn) auf der Rollstuhl-Tribüne zum Auftritt von SEEED

Während solche Beispiele (hoffentlich) auch bei vielen Menschen auf dem Bahnsteig für Ablehnung sorgen, sind ableistische oder zumindest grenzwertige Begriffe oder Aussagen über Menschen mit Behinderung im alltäglichen Sprachgebrauch sehr gängig und wirken damit fast selbstverständlich. Wenn jemand „an den Rollstuhl gefesselt“ ist, klingt das eher nach einer Entführung, als nach der Möglichkeit durch ein technisches Hilfsmittel am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Wer ein „Pflegefall“ ist, wird einzig und allein dadurch charakterisiert, dass er oder sie von jemand anderen („gesunden“) in gewissen Situationen Assistenz benötigt; und dabei ein Fall von vielen ist, womit wir wieder beim Thema Verallgemeinerung wären. Wer solche Formulierungen benutzt ist selbstverständlich kein schlechter Mensch und auch nicht an sich behindertenfeindlich. Es geht aber mit aller Ernsthaftigkeit darum, über solche weit verbreiteten Aussagen nachzudenken, sie mit dem Wissen über die Sache zu bewerten und im Zweifelsfall Alternativen zu finden. Eine tolle Übersicht mit einigen gängigen Sätzen und Bezeichnungen hat leidmedien.de 2019 in ihrem Leidfaden zusammengestellt, den ihr hier abrufen könnt.

Woher kommen diese Begriffe eigentlich?

Oft weiß man gar nicht so genau, wovon sich bestimmte Begriffe oder als Beleidigung genutzte Wörter ableiten. Deshalb hier ein kleiner Einblick. All diese Begriffe sind veraltet, beleidigend und ausgrenzend und sollten weder als Beleidigung, noch in irgendeiner anderen Form im alltäglichen Sprachgebrauch verwendet werden.

Spasti“ leitet sich vom medizinischen Begriff Spastik für die Verhärtung und Steifheit von Muskeln, die Bewegungen, Körperhaltung und Gleichgewicht erschweren, ab. Früher wurden Menschen mit Spastiken als „Spastiker:innen“ bezeichnet. Heute werden Menschen mit diesem Krankheitsbild nach der Cerebralparese meist als Cerebralparetiker:in bezeichnet.

Mongo“ leitet sich von der Bezeichnung für Trisomie 21 ab, die der britische Arzt und Apotheker John Langdon Down 1866 in seiner ersten umfassenden Bezeichnung für das Krankheitsbild einführte: Mongolian idiocy (mongoloide Idiotie). Der Begriff wird bereits seit den 1960er-Jahren nicht mehr verwendet, da er nicht nur medizinisch falsch, sondern in seinem Ursprung auch rassistisch ist. Die gängige Variante heute ist „Mensch mit Trisomie 21“.

Handicap“ als Bezeichnung für eine Behinderung leitet sich vom alten englischen Tausch-Spiel „Hand-in-Cap“ ab, bei dem zwei Personen einen Tauschhandel vollziehen wollen, eine Seite aber stets ‚weniger in der Hand‘ hat – dieser Begriff wurde dann auf den Pferderennsport übertragen, in dem Pferde früher Gewichte angehängt bekamen, damit alle Teilnehmenden die gleichen Ausgangschancen hatten. Anfang des 20. Jahrhunderts wandelte sich der Begriff dann zu einer Bezeichnung für Behinderung.

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht

Popkultur Festival Berlin 2018 ++ am 21.08.2019 in Berlin (Berlin). (c) Andi Weiland | Gesellschaftsbilder.de

Übrigens geht es in Sachen nicht-inklusiver Sprache gar nicht zwingend immer um Negatives, um Abwertendes und Ausgrenzendes. Wie in vielen anderen Bereichen der alltäglichen Kommunikation kann auch übertriebene oder fehlplatzierte Positivität schnell problematisch werden. Wer davon spricht, dass Menschen mit Behinderung ihr Leben „trotzdem meistern“, reduziert nicht nur durch das Herausstellen der über allem schwebenden Behinderung, sondern verbesondert auch. Eine Lehramtsstudierende im Rollstuhl beispielsweise studiert einfach nur Erdkunde und Deutsch – sie meistert die Fächer nicht, zumindest nicht mehr oder weniger als ihre Kommiliton:innen, die vielleicht nicht im Alltag mit dem Rollstuhl unterwegs sind. Und auch verniedlichende oder infantilisierende (verkindlichende) Begriffe wie „Downie“ für Menschen mit Trisomie 21 gehören auf den Sprachfriedhof: Zum einen, weil in diesem konkreten Beispiel erneut das Krankheitsbild mit der Person gleichgesetzt wird, zum anderen, weil auch Menschen mit Trisomie 21 das gleiche Recht auf eine Behandlung als erwachsene Person haben wie alle anderen. Also: Es kann im wahrsten Sinne des Wortes schnell zu viel des Guten sein.

Unter dem Strich sind also vor allem zwei Dinge sicher: Zum einen hat Sprache eine enorme Macht, die sowohl Gutes als auch Schlechtes in einer Gesellschaft in Bewegung setzen kann. Die Begriffe, die wir dafür benutzen, um über Behinderung zu sprechen, bergen immer Sprengstoff und zugleich das Potential, gegen Tabus vorzugehen und so in den offenen Diskurs zu kommen. Denn, und das ist die zweite Gewissheit, wir müssen mehr über Menschen mit Behinderung und ihre Situation innerhalb der Gesellschaft, etwa auf Veranstaltungen sprechen. Nur so kann sich etwas ändern und gemeinsam etwas verändert werden. Doch die Art und Weise muss sich dabei dringend ändern – und jede:r von uns kann seinen Teil beitragen.

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