Tag 5 unserer Themenwoche "Wo geht's hier weiter?"! Unter uns gesagt - ohne Google Maps oder andere Navi-Anwendungen auf unseren Smartphones wären wir doch manchmal ganz schön aufgeschmissen. Aber selbst wenn wir das Café, das Schwimmbad oder den coolen Second Hand-Laden finden, den wir gesucht haben, ist erst mal gar nicht klar, wie es dort um die Barrierefreiheit steht. Gibt es dort Treppen? Wie ist die Steigung rund um die Straße? Wie sieht das altbekannte Toiletten-Thema aus? Wie gut, dass die Wheelmap hier Abhilfe schaffen kann. Wie, kennt ihr noch nicht? Dann hier eine kleine Vorstellung von diesem fantastisch praktischen Community Tool!
Die Wheelmap ist eine Karte für rollstuhlgerechte Orte. Unter www.wheelmap.org kann jeder ganz leicht Orte finden, eintragen und über ein Ampelsystem bewerten – weltweit. Die seit 2010 verfügbare Karte soll Rollstuhlfahrerinnen und Menschen mit anderen Mobilitätseinschränkungen helfen, ihren Tag planbarer zu gestalten. Aktuell sind über 3,2 Millionen Cafés, Bibliotheken, Schwimmbäder und viele weitere öffentlich zugängliche Orte auf der Wheelmap zu finden. Täglich kommen über 300 neue Einträge hinzu. Die Wheelmap ist auch als kostenlose App für iPhone und Android verfügbar. So kann die Karte unterwegs bequem über das Smartphone genutzt werden.
Wheelmap.org ist ein Projekt der SOZIALHELD*INNEN, eine Gruppe von engagierten Menschen, die seit 2004 gemeinsam kreative Projekte entwickeln, um auf soziale Probleme aufmerksam zu machen und sie im besten Fall zu beseitigen. Auf Basis der Wheelmap entwickelten sie auch andere Projekte wie zum Beispiel Accesibility.Cloud (eine gemeinschaftsbasierte Datensammelung zu Barrieren im öffentlichen Raum) oder BrokenLifts.org, eine Plattform, auf der Echtzeitdaten zu Aufzügen an Bahnhöfen in Berlin abrufbar sind. Mehr Informationen dazu findet ihr unter www.sozialhelden.de.
Die Karte www.wheelmap.org basiert auf OpenStreetMap, einer freien, editierbaren Karte der gesamten Welt - also genau wie die Karte von morgen auf FairWeg. Alle können dort nach Orten suchen und – sofern sie markiert wurden – die Auskunft darüber abrufen, wie gut zugänglich Orte sind. Wer sich dort als Nutzer*in registriert, kann zudem neue Orte anlegen und bewerten. Die OpenStreetMap hat eine riesige Datenbank und mehrere Millionen Nutzer*innen jährlich. Orte, die in der OpenstreetMap eingetragen sind, werden auch auf Wheelmap angezeigt.
Ein einfaches Ampelsystem kennzeichnet die Rollstuhlgerechtigkeit eines Ortes: Grün steht für einen uneingeschränkten Zugang – etwa weil keine Stufen vorhanden sind oder weil eine Rampe, ein Aufzug oder andere Hilfsmittel den Eintritt ermöglichen. Orange markierte Orte haben max. eine Stufe (nicht höher als 7 cm) und die wichtigsten Räume (oder Angebote) sind stufenlos erreichbar. Orte, die rot angezeigt werden, können von Rollstuhlfahrer*innen nicht betreten werden. Das Schöne dabei: Es ist keine Registrierung nötig. Alle können direkt Informationen abrufen oder beitragen.
Generell gilt: Je mehr Menschen bei der Wheelmap mitmachen und Orte eintragen, desto genauer und aussagekräftiger wird die Karte. Dabei spielen Fotos eine wichtige Rolle. Nutzer*innen können für jeden Ort Bilder hochladen. Somit können sich Rollstuhlfahrer*innen ein genaueres Bild vom Eingang oder z.B. der Toilette machen. Wheelmap ist also von Beginn an ein Crowdsourcing basiertes Projekt, welches Wissen von möglichst vielen Nutzer*innen sammeln und anzeigen möchte.
Wir finden: Die Wheelmap ist eine richtig gute und vor allem beeindruckend umfassende Leistung - und sie zeigt sehr gut, was Digitalisierung wirklich leisten kann und wie sie unser Leben besser machen kann. Schaut doch mal rein, was die Wheelmap in Trier schon so alles auf der Karte hat und engagiert euch, damit auch hier bei uns immer mehr Orte dort erscheinen und aktuell bleiben. Mitmachen lohnt sich auf jeden Fall - jeden Tag, für uns alle, egal wie wir im Alltag unterwegs sind!
Quelle: https://news.wheelmap.org/wheelmap-presse-information/ (Stand: August 2022)
In unserer Themenwoche „Wo geht's hier weiter?“ wollen wir neue Ideen und Projekte vorstellen, die sich für ein inklusiveres und barriereärmeres Trier einsetzen. Heute wollen wir euch deshalb „TACHELES– das inklusive Medien-Team“ und ihre Arbeit für eine insgesamt inklusivere Medienlandschaft vorstellen.
TACHELES ist eine kleine Medienteam der Lebenshilfe Trier gefördert durch die Aktion Mensch in der Schönborn Straße, die gemeinsam Medieninhalte produzieren. In der Tacheles Redaktion ist Inklusion Alltag: Hier arbeiten insgesamt zehn Menschen mit und ohne kognitive Behinderung zusammen, um gemeinsam über Neues zu berichten. Die Themen erarbeitet die Redaktion gemeinsam in den (fast) wöchentlichen Redaktionssitzungen und es wird über alles Relevante berichtet, von Politik über Buntes und Kultur bis Soziales ist alles dabei.
Auch die Art und Weise ihrer Veröffentlichung wird inklusiv gemacht. Damit Tacheles für möglichst alle zugänglich ist, haben sie eine vielseitige Form der Veröffentlichung entwickelt: Beiträge werden auf schwerer und an allererste Stelle in leichter Sprache veröffentlicht und können auf der Homepage direkt vorgelesen werden. So werden all ihrer Beiträge für viel mehr Menschen zugänglich. Videos und Reels werden nebenbei auch für Instagram, Facebook und YouTube produziert. Beiträge können sich auch im Podcast angehört werden. Genau diese crossmediale Berichterstattung ermöglicht die Zugänglichkeit für ein möglichst breites Publikum.
Das TACHELES-Team setzt sich nicht nur in ihrer eigentlichen Redaktionsarbeit für die gelebte Inklusion ein, sondern zeigt mit seiner Berichterstattung, was in Trier möglich ist und wo es noch Verbesserungsbedarf gibt. Immer wieder überprüfen sie verschiedenste Orte auf Barrierefreiheit: In ihrem Barrierecheck des Moselstadions Triers Ende 2021 konnte das TACHELES-Team einige Barrieren finden, wie die unbeweglichen Toiletten, zu hohe Tische an der Imbissbude oder nicht überdachte Rollstuhlplätze. Nach der Veröffentlichung ihres Berichtes reagierten die Bürgermeisterin Elvira Garbes und der Supporters Club Trier, die Fanszene der Eintracht Trier. Die Fanszene sammelte zahlreiche Spenden, um Barrieren im Moselstadion abzubauen. Dank der Spenden konnten neue Tische an den Essbuden angeschafft werden, damit jetzt alle ihr Essen und Getränke während des Spiels genießen können. Und auch die Stadt hat gehandelt und im Sommer 2022 für den Bau von vier neuen überdachten Rollstuhlplätzen gesorgt.
Und nicht nur das Stadion in Trier wurde auf Barrierefreiheit geprüft, auch in den Wahllokalen oder in den Bussen der SWT ist TACHELES regelmäßig unterwegs. Tacheles zeigt ganz praktisch, wo es für Trier hingehen kann und sollte. Auch Politik darf in der Berichterstattung nicht zu kurz kommen: So erklärt Tacheles gemeinsam mit einem Dozent der Universität Trier den Angriffskrieg auf die Ukraine oder macht aufmerksam auf den 05. Mai, dem Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung.
Entstanden ist die Idee für Tacheles 2017 als zwei Redakteure gemeinsam über die Special Olympics berichtet haben. Die Special Olympics sind die olympischen Spiele für Menschen mit einer Mehrfachbehinderung und finden diesen Sommer in Berlin statt. Daraus entwickelt sich das Projekt, dass seit 2021 von der Aktion Mensch gefördert wird. Auch dieses Jahr wird TACHLESwieder über die Special Olympics berichten und vor Ort in Berlin sein und für spannende Berichte aus der Hauptstadt sorgen.
Das große Ziel von Tacheles ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Themen, das Leben und das Wirken von Menschen mit Behinderung und das ganz praktisch vor Ort. So setzt Tacheles sich für mehr gelebte Inklusion auch in der Medienlandschaft ein. TACHELES zeigt, was in Trier möglich ist und wir freuen uns deshalb umso mehr, TACHELES als unseren offiziellen Medienpartner für das FairWeg-Projekt mit dabei zu haben. Mehr zu Tacheles findet ihr auf ihrer Homepage.
Zu Beginn des neuen Jahres, wollen wir die Zeit nutzen, um auf eines unserer Highlights des vergangenen Jahres zurückzublicken: Am dritten Dezember durften wir den einzigen ersten Bundesligisten in Trier, die Doneck Dolphins, in ihrer Heimhalle, der Mäusheckerhalle, besuchen. Und hatten die Gelegenheit mehr zum Sport Rollstuhl-Basketball an sich und dem Team der Dolphins zu lernen, um im Anschluss beim Spiel gegen den BBC Münsterland mitzufiebern.
Bereits seit 1985 wird im Verein Rollstuhl-Basketball gespielt. Gegründet wurde der Verein durch Otmar Paßiwan, der bis heute noch der erste Vorsitzende des Vereins ist. Und keine zehn Jahre nach der Gründung gelang den Dolphins der Aufstieg in die erste Bundesliga, wo sie bis heute (bis auf eine kurze Pause in der zweiten Bundesliga von 2001 bis 2003) noch platziert sind. Dirk Paßiwan, Sohn des Mitgründers, ist Trainer und Spieler in der Mannschaft und zusätzlich noch Trainer der deutschen Nationalmannschaft der Frauen. Also bis heute ein erfolgreicher Verein hier bei uns in der Region.
Auch die Jugendarbeit kommt bei den Dolphins nicht zu kurz: Eine eigene Jugendmannschaft gibt es seit 1997, die bis heute trainiert. Und auch die Bildungsarbeit kommt nicht zu kurz: Spieler:innen fahren an Schulen, um dort mit Kindern gemeinsam Basketball zu spielen.
Dabei ist die Grundlage des Vereins die menschliche Nähe, die man spätestens beim Betreten der Halle spürt. Egal ob vor, während oder nach dem Spiel - hier helfen sich alle gegenseitig. Ob die ehrenamtlichen Eltern von Spieler:innen, die den Ticket- und Getränkeverkauf übernehmen oder die Spieler:innen, die sich gegenseitig beim Aufbau unterstützen.
Das Besondere am Rollstuhl-Basketball: Hier spielen alle miteinander auf dem Platz. Unabhängig von Gender oder Grad der Behinderung können alle, auch Menschen ohne eine körperliche Behinderung, miteinander spielen. Für einen Ausgleich zwischen den Teams sorgt dabei ein Punktesystem, wobei jeder:m Spieler:in je nach Grad der Behinderung Punkte zugeordnet werden. Menschen mit einem hohen Grad der Behinderung kriegen einen Punkt und mit einem niedrigen oder keiner Behinderung den Höchstpunktestand von 4,5. Insgesamt darf ein Team, dass aus fünf Spieler:innen besteht, nicht mehr als 14 Punkte haben.
Im Kader der Dolphins spielen insgesamt 13 Spieler:innen zusammen, wovon die Hälfte Vollzeit und die andere Hälfte nebenher arbeitet. Dabei ist der Trainingsplan für alle gleich, mit bis zu fünfmal die Woche Training plus Fitnessstudio. Das intensive Training zeigt sich auch im Spielerfolg der Dolphins: Auch wenn diese Saison immer noch besser laufen könnte, wurde der Beinahe-Abstieg der vorherigen Saison erfolgreich verhindert. Auch wenn die Dolphins das Spiel bei unserem Besuch gegen den BBC Münsterland leider mit 50 zu 62 verloren, gewannen sie doch im letzten Heimspiel des Jahres 2022 gegen die Hot Rolling Bears Essen und konnten so siegessicher in die Weihnachtspause gehen.
Wir im FairWeg-Team sind angefixt vom Rollstuhl-Basketball. Die eingeschweißte Fan-Gemeinde sorgt für eine aufgeladene Stimmung während der Spiele, während die Dolphins quasi über das Feld fliegen. Schon bereits die rasante Einfahrt der Spieler:innen und die Begrüßung des gegnerischen Teams sehen beeindruckend aus. Ab Anpfiff des Spiels erhöht sich die Geschwindigkeit und Spieler:innen sowie Ball rasen quasi nur so über das Feld. Dabei fliegt nicht nur der Ball über das Feld, sondern teilweise auch Spieler:innen bei besonders intensiven Spielzügen zu Boden. Genau dann merkt man aber die allgegenwärtige menschliche Nähe: Egal ob gegnerische Spieler:innen oder aus dem eigenen Team, es wird sich gegenseitig beim Aufstehen wieder geholfen. Denn Rollstuhl-Basketball ist „im Prinzip der inklusivste Sport, den es gibt!“ wie Miriam Maile sagt, die Medienzuständige des Vereins.
Und wer das nächste Spiel der Doneck Dolphins nicht verpassen will, kann entweder in die Halle zum nächsten Heimspiel am 14. Januar ab 18:00 Uhr gegen den RSV Lahn-Dill kommen oder sich den Livestream im OK54 ansehen. Wir als Team werden die Saison weiterverfolgen und auf die Siege der Dolphins hoffen, denn wir sind begeistert von diesem Sport und vor allem von den Dolphins. Nur durch das Aufbrechen der Verbesonderung, kann Rollstuhl-Basketball als das wahrgenommen werden, was es ist: eine Sportart. Und eine ziemliche erfolgreiche, denn schließlich gibt es nur einen Erstligisten in Trier und das sind die Doneck Dolphins.
Im Projekt Agenda-Kino zeigt die Lokale Agenda 21 Trier gemeinsam im Kooperation mit dem broadway filmtheater und der Heinrich-Böll-Stiftung RLP Filme, die über den eigenen Tellerrand hinnaus blicken und unter die Haut gehen. Im Projekt FairWeg dürfen wir diese Jahr den Auftaktfilm am 18. Januar zeigen: Die Dokumentation "Kinder der Utopie" von Hubertus Siegert gibt Einblicke in Inkusion in deutschen Schulen. Als Kooperationspartner konnten wir den Behindertenbeirat der Stadt Trier für das Nachgespräch gewinnen.
Der Film "Kinder der Utopie" zeigt das Wiedersehen von sechs jungen Erwachsenen, die gemeinsam in einer Inklussionsklasse während der Grundschulzeit waren. Sie besuchten die Fläming-Grundschule in Berlin, die zu der Zeit mit eine der ersten Inklusionsklassen hatte. Hier wurden Kinder mit und ohne Behinderung unterrichtet und das auch unabhängig vom Grad der Behinderung.
Bereits 2004 wurde die Klasse mit Kamera begleitet für den Film Klassenleben. Gemeinsam blicken sie in "Kinder der Utopie" zurück auf die gemeinsame Schulzeit und geben Einblicke in ihr heutiges Leben: Luca ist leidenschaftliche Hobbyfotografin und studiert Umweltwissenschaften; Marvin jobbt zu seinem Ärger in einer Behindertenwerkstatt; Dennis ist auf dem besten Weg, ein Star am Musical-Himmel zu werden; Johanna lernt mit Entschlossenheit Altenpflegerin; Christian befindet sich seit seinem schwulen Coming-Out in einer Selbstfindungsphase; Natalie will ihr Praktikum als Küchenhilfe in eine Festanstellung wandeln.
Der Film startet um 19.30 Uhr im broadway filmtheater. Nach der Filmvorführung steht der Behindertenbeirat und wir vom FairWeg-Team als Gesprächspartner:innen bereit. Tickets können hier bereits vorbestellt werden.
Der Beitrag kommt krankheitsbedingt etwas zeitverzögert. Der internationale Aktionstag zur Beseitigung patriachaler Gewalt auf den wir uns hier im Text beziehen ist zwar schon ein wenig her, das Thema verdient allerdings das ganze Jahr über Aufmerksamkeit!
Am 25. November fand wie jedes Jahr der internationale Aktionstag zur Beseitigung patriarchaler Gewalt statt. Der Tag, oft auch „Orange Day“ oder „Tag gegen Gewalt an Frauen“ genannt, macht auf die alltägliche Gewalt gegen FINTA* (Frauen, intersex-, nicht-binär-, trans- und agender Personen) aufmerksam. Gewalt die überall passiert: Zu Hause, am Arbeitsplatz, in der Schule, an der Universität aber auch auf Veranstaltungen. Auch die Bundesregierung hat sich 2018 dazu verpflichtet, die Umsetzung der Istanbul Konvention voranzutreiben und patriarchaler Gewalt aktiv entgegenzutreten.
Geschlechtsbezogene Gewalt ist ein weltweites Problem und ist in allen Bevölkerungsschichten zu finden. Auch in Deutschland ist jede dritte Frau mindestens einmal im Leben Opfer von Gewalt. Genau lässt sich das aber kaum sagen, da viele Fälle von Gewalt aus den verschiedensten Gründen nicht gemeldet werden. Ein Grund ist auch oft ein zu enges Verständnis von Gewalt. Fälschlicherweise wird sehr oft nur körperliche Gewalt als Gewalt wahrgenommen. Auch sexualisierte, psychische (also seelische ), soziale, digitale und wirtschaftliche Gewalt ist für viele Menschen Alltag. Zu psychischer Gewalt zählen beispielsweise auch Beschimpfungen, Abwertung, Drohung, Nötigung und Belästigung. Soziale Gewalt ist meist dadurch geprägt, dass die betroffene Person isoliert und in ein Abhängigkeitsverhältnis gedrängt wird. Auch eine finanzielle Abhängigkeit von Täter:innen zeigt sich häufig im Kontext von Gewalt. Das Ziel dieser Gewalt ist allerdings meist dasselbe: Es geht darum die andere Person zu schwächen, zu verunsichern, aus dem Gleichgewicht zu bringen, zu kontrollieren und das aufgrund ihres Geschlechts.
Besonders stark betroffen sind Frauen und Mädchen mit Behinderung. Sie erfahren fast doppelt so häufig Gewalt wie Frauen und Mädchen ohne eine Behinderung. Und das in allen Lebenslagen: zu Hause, in Einrichtungen der Behindertenhilfe, in der Pflege, aber auch im öffentlichen Leben. Dazu kommt die tägliche strukturelle Gewalt, in Form von Diskriminierung durch Regeln, Gesetze, Vorgaben, die sich nicht weiterentwickeln ,weil es eben schon immer so war’. Oder durch eine Umwelt die nur auf die Bedürfnisse von Menschen ohne eine Behinderung ausgerichtet ist. Oft zeigt sich dies auch durch übergriffiges Verhalten und Distanzlosigkeit gegenüber Menschen mit einer Behinderung ausgehend von Fremden aber auch dem näheren Umfeld. Privatsphäre und Selbstbestimmung wird dadurch vielen Menschen verwehrt, die ein gleiches Recht darauf haben, wie alle Anderen auch.
Grenzüberschreitungen und Übergriffe passieren, auch oder besser gesagt besonders auf Veranstaltungen. Es liegt nicht immer in der Macht der Veranstaltenden solche Vorfälle zu verhindern. Daher ist es umso wichtiger, dass es gut konzipierte Awareness-Konzepte und -Teams gibt, die im Fall zur Stelle sind. Aber was machen Awareness-Konzepte und -Teams überhaupt? Zum einen stellen gut durchdachte Awareness-Konzepte klare Verhaltensregeln auf, die sowohl dem Personal, als auch allen Besuchenden klar kommuniziert werden. Das Personal sollte dabei geschult und für die strukturelle Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Herkunft oder einer Behinderung sensibilisiert sein. Die Besucher:innen sollen beispielsweise in Form von Plakaten von dem Hilfsangebot erfahren, damit die Hilfe auch in Anspruch genommen werden kann. Zudem sollte es neben dem normalen Personal ein sogenanntes Awareness-Team geben, an das sich Betroffene wenden können. Wichtig ist hier eine parteiliche Funktion, also volle Solidarität mit Betroffenen.
Das Schaffen einer sicheren Umgebung, unabhängig von Geschlecht, Herkunft und Behinderung ist essentiell für eine inklusive Veranstaltung. Daher ist es wichtig Aufmerksamkeit für die besonders gefährdete Situation von FINTA*-Personen mit einer Behinderung und auch People of Colour zu schaffen, es ist aber vor allem notwendig aktiv zu werden. Es müssen Strukturen geschaffen werden, wodurch Übergriffe minimiert werden und Betroffenen geholfen werden kann. Für Veranstaltende heißt das also, sich über mögliche Gefahren aufzuklären, diese Ernst zu nehmen und ein Konzept zu entwickeln, dass allen Teilnehmenden eine sichere Veranstaltung ermöglicht. Die Veranstaltenden stehen hier nicht alleine vor diesem Problem, es kann sich dafür natürlich auch Hilfe gesucht werden: Hier in Trier wie schon gesagt beispielsweise bei der Feministischen Vernetzung. Auch wir als FairWeg-Team sehen Awareness-Konzepte und -Teams auf Veranstaltungen als wichtigen Schritt für eine sichere Veranstaltungsbranche, denn wir wollen Fairanstaltungen für Alle!
Wir alle kennen das Problem: Einkaufsbummel in der Stadt, ein paar Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt – und menschliche Bedürfnisse, die keinen Aufschub vertragen. Öffentliche Toiletten zu finden ist oft gar nicht mal so leicht. Noch schwieriger wird es aber, wenn man eine Behinderung hat und beispielsweise in Sachen Mobilität eingeschränkt ist.
Wer auf Rollstuhl oder Rollator angewiesen ist, muss zwangsläufig vorausplanen und die Toilettensituation checken. Vielleicht ist euch dabei schon mal aufgefallen, dass barrierefreie Toiletten oft abgeschlossen und nur mit einem Schlüssel zu öffnen sind. In vielen Fällen sind das sogenannte Eurozylinderschlösser, die mit einem speziellen Euroschlüssel geöffnet werden können. Noch nie gehört? Dann hier ein kleiner Wissens-Kick in Sachen Toilettenpause.
Worum geht’s?
Das Euroschlüssel-System bietet seit 1986 ein einheitliches Schließsystem für barrierefreie Anlagen, das mittlerweile flächendeckend in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu finden ist. Alle, die einen solchen Euroschlüssel besitzen, können diese Anlagen nutzen – meist handelt es sich um Toiletten, teils aber auch um Aufzüge oder barrierefreie Gebäudezugänge. Laut dem Darmstädter Verein Club Behinderter und ihrer Freunde e.V. (kurz CBF Darmstadt) sind es mittlerweile über 12.000 Schlösser europaweit, die mit dem Schlüssel geöffnet werden können.
Angefangen hat das Ganze in den 1980er-Jahren, als die Situation in puncto Behindertentoiletten noch deutlich prekärer war. Wenn es öffentliche barrierefrei zugängliche Toiletten gab, wurden diese oft Opfer von Vandalismus und Verschmutzung oder mussten erst umständlich von jemanden aufgesperrt werden – Selbstbestimmung und Diskretion sehen anders aus. Vertreter:innen des Vereins machten sich damals für eine selbstbestimmte und flächendeckende Lösung stark; die Idee für einen Generalschlüssel, der nur in die richtigen Hände abgegeben wird, war geboren. Kurz darauf führte eine große Betreiberfirma von Autobahnraststätten in Deutschland das System flächendeckend ein.
Wer bekommt so einen Schlüssel?
Der Euroschlüssel (im Englischen übrigens eurokey genannt) wird bewusst nur an Menschen ausgegeben, die auf behindertengerechte Toiletten oder Anlagen angewiesen sind. Dazu zählen alle Personen, die in ihrem deutschen Schwerbehindertenausweis eines der Merkzeichen aG (außergewöhnliche Gehbehinderung), B (Begleitperson), H (Hilflosigkeit), BL (blind) oder G (erheblich beeinträchtigt in der Bewegungsfähigkeit) in Kombination mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 aufweisen. Außerdem unmittelbar bezugsberechtigt sind Menschen mit einer schweren Mobilitätseinschränkung (etwa Rollstuhlfahrende), einem erhöhtem Hilfebedarf, Erblindung oder Multipler Sklerose. Außerdem können Personen mit einer chronischen Blasen- oder Darmerkrankung, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa den Schlüssel beantragen.
Der Schlüssel wird auch heute noch vom CBF Darmstadt ausgestellt. Dafür sendet man eine formlose, schriftliche Bestellung mit einem Nachweis der Bezugsberechtigung (etwa eine Kopie des Schwerbehindertenausweises) an den Verein und bezahlt eine geringe Schutzgebühr.
Und was ist mit Veranstaltenden?
Unser Blick in FairWeg geht natürlich immer auf inklusive Events und die Frage, wie Veranstaltende ihre Feiern oder Feste für mehr Menschen zugänglich und genießbar machen können. Da ist eine Umrüstung der eigenen, vielleicht ja schon bestehenden barrierefrei zugänglichen Toilette doch eine super Idee! Auskunft und Vertrieb von geeigneten Schließzylindern läuft über Der Euroschlüssel e.K. im nordrhein-westfälischen Bornheim. Die Firma berät und plant die geeignete Schließanlage, der Einbau kann dann durch einen Schlossereibetrieb vor Ort durchgeführt werden.
Übrigens: Die Trier Tourismus und Marketing GmbH (ttm), mit der wir 2021 gemeinsam den Leitfaden für nachhaltige Veranstaltungen herausgebracht haben, bietet auf ihrer Website eine Übersicht über behindertengerechte, öffentliche Toiletten in Trier: https://www.trier-info.de/toiletten-in-trier/oeffentliche-toiletten-behindertengerecht
Wir finden: Das Euroschlüssel-System ist ein guter und hilfreicher Ansatz für eine bessere Infrastruktur in Sachen barrierefreie Toiletten. Denn: Alle sollen auf Events in Trier eine gute Zeit haben können – auch beim Gedanken daran, wie sie den feinen Moselwein am Abend wieder loswerden!