Faire Mode

von Katrin
22. März 2021

Kurzlebige und unfair produzierte Mode wird auch Fast Fashion genannt. Was diese mit Menschenrechten und unserem Klima zutun hat und wieso wir nicht nur privat, sondern auch bei der Arbeitskleidung auf Nachhaltigkeit und faire Herstellung achten sollten, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Wer kennt es nicht: In den Läden ist Schlussverkauf und wir kaufen Klamotten, die wir doch wahrscheinlich sowieso nicht tragen. Durchschnittlich trägt jede:r Deutsche nur eins von fünf Kleidungsstücken in seiner Garderobe regelmäßig. Aber was ist das Problem? Die restlichen 4. Denn dafür wurden unnötig Ressourcen verschwendet. Dazu ein kleines Quiz:

  1. Wasserverbrauch: Wie viele Liter Wasser werden circa zur Herstellung einer Jeanshose benötigt? 
  2. Emissionen: Wie viele Kilometer ist die Hose gereist, bevor sie in Deutschland verkauft wird?  
  3. Müll: Wie viele Tonnen Kleidung werden in Deutschland jedes Jahr weggeschmissen? 

Die Auflösung findet ihr am Ende des Artikels.

Schon mal vorab: wer denkt "viel", hat Recht. All das hat man wahrscheinlich schon irgendwo gehört und es ist auch nichts Neues, dass in der Textilindustrie selten auf das Thema Nachhaltigkeit geachtet wird. Doch was genau heißt das? Nachhaltigkeit setzt sich aus drei Säulen zusammen: Ökologie, Soziales, Ökonomie. Doch in der Realität überwiegt der Ökonomiefaktor, der zulässt, dass zum Beispiel giftige Schadstoffe in den Wasserkreislauf gelangen und vielen Näher:innen in Entwicklungsländern kein Arbeitsschutz gewährleistet wird. 2012 wurden in Südafrika 34 streikende Minenarbeiter erschossen. 2013 ist in Bangladesch eine Textilfabrik eingestürzt, bei der mehr als 1000 Menschen ihr Leben verloren. Obwohl die Risse bemerkt wurden, wurden die Mitarbeiter:innen zur Arbeit dort gezwungen. Dort produzierten auch Primark, Mango und C&A.

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Die Modeindustrie und die Regierung haben seitdem höhere Sicherheitsstandards in Bangladesch durchgesetzt. Doch muss es erst zu schrecklichen Unglücken kommen, bevor etwas getan wird? Leider sind Schutzkleidung beim Umgang mit gefährlichen Chemikalien oder ein 8-Stunden-Arbeitstag noch lange nicht überall selbstverständlich. Die Armut der Bevölkerung wird ausgenutzt, um sie auszubeuten, nur damit unsere Jeans 19,99€ kosten kann. Muss das sein? Denn schon leicht teurere Kleidung würde zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Es kann mehr Geld in den Schutz von Arbeiter:innenrechten und Umweltschutz entlang der Lieferkette investiert werden und gleichzeitig wird bei steigenden Preisen weniger unnötige Kleidung gekauft. Wollen wir lieber das nächste Schnäppchen machen oder dafür sorgen, dass andere Menschen die gleichen Rechte wie wir genießen dürfen?

Und was hat das mit uns zu tun? Mit jedem Kauf unterstützen wir entweder ein fair gehandeltes Produkt von dessen Ertrag die Produzent:innen überleben können oder das Gegenteil: menschenunwürdige Verhältnisse. Auch wenn das ganze System so riesig wirkt, und auch ist, können wir etwas tun! Eine wichtige Rolle fällt dabei Arbeitgeber:innen, wie der Kommune, bzw. Veranstalter:innen zu. Denn sie können nicht nur für sich, sondern auch für ihre Mitarbeiter:innen eine positive Entscheidung treffen und direkt 100 faire Schürzen bestellen, statt nur einer. Sie wirken als Multiplikator:innen und ihr positives Verhalten wirkt sich auf die Mitarbeiter:innen aus und regt so mehr Menschen an zu hinterfragen. Besonders faire Arbeitskleidung kann also einen riesigen Beitrag leisten und darf deshalb nicht vernachlässigt werden.

Doch einzelne engagierte Menschen sind noch keine Gesamtlösung, denn dem individuellen Handeln sind Grenzen gesetzt. Um in allen Schritten entlang der Wertschöpfungskette, von Baumwollhersteller:innen bis Endkonsumenten:innen, Handel auf Augenhöhe ohne Menschenrechtsverletzungen oder Naturkatastrophen garantieren zu können, brauchen wir ein Lieferkettengesetz. So könnte zum Beispiel endlich ein Verbot von Zwangs- und Kinderarbeit beschlossen werden. Und dazu gibt es nun eine Gesetzesvorlage, die einen ersten Ansatzpunkt bietet, um grundlegende Sorgfaltspflichten der Unternehmen gesetzlich verbindlich zu regeln. Doch bisher soll es erst ab 3000 Beschäftigten gelten (später ab 1000) und auch sonst gibt es viele Schlupflöcher, so wären in Rheinland-Pfalz nur eine Handvoll Unternehmen überhaupt betroffen. Außerdem wird nicht die gesamte Lieferkette angegangen, sondern nur direkte Zulieferer. Klimaschutz und Korruptionsbekämpfung spielen kaum eine Rolle. Daher ist ein ausreichendes Lieferkettengesetz notwendig, um globale Gerechtigkeit für Menschen und Umwelt herzustellen.

Bis auf politischer Ebene endlich genug getan wird, können wir aber auch selbst etwas erreichen. Trier bietet viele Alternativen zu herkömmlicher Fast Fashion: Auf der Karte von morgen findet ihr eine Auswahl von Geschäften in der Region, die zumindest einen Teil ihres Sortiments nach bestimmten Standards produzieren lassen. So verkauft Anke Glatt von Flax Bio und Fair Alltagsmode und achtet in der Auswahl ihres gesamten Angebots auf Fairness zur Umwelt und Fairness zu den Menschen in der Produktion. Dazu zählen Marken wie Engel und auch die Labels GOTS und FWF sind darunter. Ebenso ist Thomas Koch Berufsbekleidung in der Ottostraße und Neustraße eine tolle Adresse mit einem breiten Angebot an fairer Arbeitsbekleidung. Wenn ihr nachhaltige (Arbeits-)mode sucht kann sich in diesem Geschäften gut beraten lassen und auch zuverlässig über Zertifizierungen informieren.

Woran du öko-faire Kleidung erkennen kannst: Manche Siegel beziehen sich auf Umwelt- oder soziale Standards. Das Fair Wear Foundation (FWF) - Siegel garantiert sehr hohe soziale Standards vom Anbau bis zum fertigen Produkt, wie z.B. Recht auf Vereinigungsfreiheit, Kollektivverhandlungen und Mechanismen für existenzsichernde Löhne für Arbeiter:innen. Dagegen weisen Produkte mit dem Global Organic Textile Standard (GOTS) - Siegel sehr hohe ökologische Standards, z.B. müssen zu mindestens 70% der Materialien aus biologisch erzeugten Naturfasern bestehen, entlang der gesamten Wirtschaftskette und soziale Mindestkriterien auf. Manche Siegel können aber auch beides! So wie IVN Best, das sehr strenge Richtlinien garantiert. Eine ausführliche Übersicht erhaltet ihr bei Ci Romero und Siegelklarheit. Die Siegel sagen euch nichts? Dann könnt ihr euch bei uns in der Lokalen Agenda auch einen gratis Wegweiser von Ci Romero abholen, der die Effekte der Siegel, Initiativen und Standards näher erklärt.

Neue Kleidung zu kaufen macht natürlich nur dann Sinn, wenn die alte nicht mehr repariert oder upcycelt werden kann. Immer mehr Firmen verwenden Recycling- statt oder gemischt mit Frischfasern. Dazu werden PET Flaschen recycelt, da Altkleider häufig aus Mischgeweben bestehen und dann höchstens noch zu Dämmstoff weiter verarbeitet werden können. Veranstalter:innen und Arbeitgeber:innen, wie die Kommune, können bei Femnet praxistaugliche Beratungsangebote einholen, wo sie fair gehandelte und hochqualitative Arbeitskleidung für sich und ihre Mitarbeiter:innen erwerben können und worauf geachtet werden sollte. Dabei setzt sich Femnet besonders für die Rechte von Näher:innen in der Textilindustrie ein. Zu guter Letzt ist der Kompass Nachhaltigkeit das Nachschlagewerk schlechthin. Die öffentliche Hand kann hier Gütesiegel maßgeschneidert nach den vorliegenden Richtlinien auswählen und so bei der Beschaffung von fairen Artikeln sehr viel Zeit und Mühe sparen.

Wenn man sich also ein bisschen auskennt, ist es gar nicht so schwer, faire und hochwertige Arbeits- und Alltagskleidung in der Nähe zu finden. Und wer sich einmal mit den Hintergründen beschäftigt, lernt seine/ihre Garderobe noch viel mehr zu schätzen. Perfekt kleiden, ohne schlechtes Gewissen! Auf unserem Blog könnt ihr noch mehr zum Thema fairer Handel lesen, ansonsten: viel Spaß beim fairen Kleidungskauf!

Auflösung:

  1. Durchschnittlich 8.000 Liter virtuelles Wasser (= für Rohstoffanbau, Strecke, Produktion,...) stecken in einer Jeans
  2. Von Kasachstan in die Türkei, nach Taiwan, dann Polen, Tunesien, China, Bulgarien und zum Schluss Frankreich. Das sind mehr als 50.000 Kilometer!
  3. Es werden 1.200.000 Tonnen entsorgt. Und stell dir das mal weltweit vor!

Von Katrin

Praktikantin bei der Lokalen Agenda

Katrin ist ein nachhaltiger Umgang mit der Umwelt wichtig, ebenso wie Gerechtigkeit und Respekt vor allen Lebewesen.

Nachhaltig fairanstalten in Trier und Region.
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